25.11.2011 21:41

Richterseminar "Beurteilungskriterien in Reitpferdeprüfungen"

Am 6.11. fand wieder ein Richterseminar auf dem Gestüt Bonhomme in Werder statt. Die Plätze im Seminarraum, in dem die zweistündige Theorie stattfand, waren schnell gefüllt mit aufmerksamen Richtern und Richteranwärtern.
Referent Klaus Storbeck ist seit Jahren gleichermaßen erfolgreich im Turniersport und in der Pferdezucht aktiv. Der gebürtige Göttinger, der selbst bis Springen Kl.M und Dressur Kl.S  im Sattel saß, ist Präsident, ehemals Vorsitzender, des größten Göttinger Reitvereins und Vorstandsmitglied im Hannoveraner Zuchtverband. Insbesondere wird er gerne als Richter zu den Bundeschampionate und Championaten für junge Pferde im Ausland eingeladen.
Als Einstieg verwies Storbeck auf die aktuelle Situation in der Pferdezucht. Mit den Veränderungen in der Zucht, z.B. veränderter Körperbau, mehr Gang, sind Änderungen in der Beurteilung erforderlich. Ein "gemachtes Pferd" erfordert zudem gute Ausbilder und Reiter. Der derzeitig große Erfolg der KWPN-Zucht verunsichert deutsche Züchter. Viele Züchter sind Quereinsteiger, denen das "Denken in Generationen" nicht mehr geläufig ist.
Eine Reitpferdeprüfung (§§303-305 LPO) ist eine Basisprüfung für 3-4jährige Pferde zum Einstieg in den Turniersport. Bewertet werden sollen die natürlichen Bewegungen in allen drei Grundgangarten, der Typ und die Qualität des Körperbaus, das Temperament und die Harmonie der Vorstellung sowie der Ausbildungsstand. Bei der Beurteilung der Grundgangarten geht es um Bewegungsabläufe, Bewegungszusammenhänge und das Zusammenspiel der Kräfte. Die Bewegungen sollen durch den ganzen Pferdekörper gehen, Takt, Raumgriff und Schwung, bzw. Fleiß im Schritt, in allen Grundgangarten gezeigt werden. Bei einer Reitpferdeprüfung gibt es andere Maßstäbe als bei einer Dressurpferdeprüfung. Die Qualität des Pferde sollte im Vordergrund stehen, es gilt der Grundsatz: mehr Talent als Technik. Die Beurteilung des Typs und des Körperbaus sind wichtig im Hinblick auf den Einsatz als modernes Reitpferd. Seit 1975 folgen die deutschen Warmblutzuchtverbände dem gemeinsam formulierten, einheitlichen Zuchtziel des Deutschen Reitpferdes: „Gezüchtet wird ein edles, großliniges und korrektes Reitpferd mit schwungvollen, raumgreifenden, elastischen Bewegungen, das aufgrund seines Temperamentes, seines Charakters und seiner Rittigkeit für Reitzwecke jeder Art geeignet ist“. Innerhalb dieses Rahmen-Zuchtziels blieb es den Zuchtverbänden überlassen, ihre eigenen Schwerpunkte hinsichtlich des Zuchtziels und Zuchtprogramms in ihrer Zuchtbuchordnung festzulegen und auch ihr Brandzeichen beizubehalten. Pferde sollten im Temperament ausgeglichen und aufmerksam sein, dabei sensibel auf Hilfengebung reagieren. Leistungsbereitschaft und positive Durchlässigkeit sind ebenfalls wichtige Eigenschaften. Das Temperament ist in der Beurteilung genauso wichtig wie die Qualität der Gänge und des Körperbaus.
Um die Theorie in die Praxis umsetzen zu können, ging es nach einer Mittagspause in die Reithalle. Das Gestüt Bonhomme hatte verschiedene Pferde unterschiedlicher Qualität zur Beurteilung zur Verfügung gestellt. Die Richter waren aufgefordert, eine komplette Reitpferdeprüfung mit 6 Teilnoten durchzuführen. Die Besprechung und Rangierung erfolgte dann im Anschluß.
Am Nachmittag endete das Seminar, das von allen Anwesenden sehr positiv bewertet wurde.
Text+Fotos: Marietta Grade
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v.l.:W.-R.Beißert, K.Storbeck, R.Gutman, LK-Vorsitz H.Kannengießer