27.02.2014 12:49
PM-Regionalversammlung Thema: Pferdesport hat Zukunft – Welche Bedeutung hat das Pferd?
Zur ersten PM-Veranstaltung des Jahres hatte Regionalsprecherin Angelika Binding am 24.2. ins Haus des Sports des LSB eingeladen. Thema des Abends war die Frage "Pferdesport hat Zukunft – Welche Bedeutung hat das Pferd?"
Matthias Bojer, Dozent für die Abteilung Reitsport der Deutschen Sporthochschule Köln, stellte viele interessante Fakten vor. Die Deutsche Sporthochschule in Köln hat bereits viele Projekte im Bereich des strukturellen Wandels im Pferdesports mit mehreren Themen durchgeführt. Mehr als 10 wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Pferdefitness und 15 Arbeiten im Bereich Reiterfitness wurden in der Abteilung Reitsport erstellt. Dazu gab es vier Symposien und mehrere Workshops zum Thema Pferdesport.
Seit Kindesbeinen spielen Pferde und Reitsport die zentrale Rolle im Leben von Matthias Bojer, der im Emsland geboren wurde. Sein Studium der Sportwissenschaft und Geographie schloss er dieses im Jahr 1995 mit einer Diplomarbeit ab, für die er von der Forschungsgesellschaft für Klassische Reitkunst und Reitsport einen Forschungspreis bekam. Nach dem Studienabschluss widmete er sich der Diplomsportlehrer, der auch als Ausbilder junger Springpferde in unterschiedlichen Turnier- und Handelsställen tätig war, vor allem der Untersuchung des Ausdauertrainings bei Pferden und wurde im Jahr 2001 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Natursport und Ökologie angestellt. Er ist heute im Hauptberuf als Dozent für die Abteilung Reitsport der DSHS Köln verantwortlich. Nebenberuflich entwickelt und vermarktet er unter dem Namen "athlet pferd" neue Trainingskonzepte und –produkte für den Pferdesport und ist als Referent in den unterschiedlichsten Bereichen des Reitsports gefragt.
Der Pferdesport in Deutschland steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen. Nicht nur der demographische Wandel, sondern auch viele andere Faktoren machen es notwendig, als Pferdesportliebhaber in unserer Gesellschaft aktiv zu werden und sich für die Passion Pferd einzubringen. Die Bedeutung des Pferdesports in unserer Konsum- und Dienstleistungsgesellschaft muss hervorgehoben und die positiven Eigenschaften des Pferdesports wieder in den Blickpunkt gestellt werden. Bojer stellte in Berlin Ergebnisse verschiedener Diplomarbeiten vor. Wie ist die Situation heute und wie werden die Zielgruppen der Zukunft aussehen?
Bereits heute hat jedes dritte Kind unter fünf Jahren einen Migrationshintergrund. Kleinfamilien und Singlehaushalte nehmen deutlich zu, die Geburtenrate sinkt stark. Bis 2060 wird es in Deutschland ca. 64,6 Mio Einwohner geben, d.h. -21 %. Fazit: weniger junge Menschen, mehr ältere Menschen und mehr Ausländer. Intergration muss die Kernaufgabe aller Vereine werden, um überleben zu können. Über 60 % aller Vereine sehen sich aktuell schon in ihrer Existenz bedroht, da der Wertewandel und ein geändertes Freizeitverhalten ehrenamtliche Tätigkeiten "unbeliebt" machen.
Traditionell zum Jahresende veröffentlicht der DOSB seine Mitgliederzahlen. Ein leichtes Minus von 1,4 Prozent verzeichneten Deutschlands Reitvereine zum 1. Januar 2013. Im Vergleich zu 2012 sank die Zahl der Mitglieder um 10.075 auf 708.890. Damit ist die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) der neuntgrößte Sportverband unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Schaut man sich die Statistik der Reitvereine etwas genauer an, fällt auf, dass der größte Rückgang die bis 18-Jährigen betrifft. Diese Zahl überrascht nicht, denn sie entspricht einerseits der jetzt bereits einsetzenden demographischen Entwicklung und ist andererseits eng verknüpft mit der Verkürzung der Gymnasialzeit und der Einführung der Ganztagsschule.
Dabei Deutschland ist ein Pferdeland. Von weltweit etwa 60 Millionen Pferden und Ponys leben nach Schätzungen mehr als eine Million auf deutschem Boden. Im Laufe der Jahre hat sich so rund um den Pferdesport und die Pferdezucht ein starker Wirtschaftszweig entwickelt. In Deutschland sichern drei bis vier Pferde einen Arbeitsplatz. Insgesamt verdienen rund 300.000 Menschen hierzulande ihren Lebensunterhalt mit dem Pferdesport. Etwa 10.000 Firmen bieten ausschließlich Dienstleistungen und Produkte für Pferde und deren Reiter an.
Die Pferdepopulation hat sich hierzulande allein in den vergangenen 40 Jahren vervierfacht. Der Wandel in der Bedeutung des Tieres ist ebenfalls erheblich: vom Nahrungslieferanten zum Machtsymbol, dann zum Nutztier und Helfer bis schliesslich zum Sport- und Freizeitpartner. Auch zur Behandlung von Krankenheiten, in der Therapie, werden heutzutage Pferde eingesetzt, da sie Sympathieträger sind und Emotionen auslösen. Sie sind authentisch, ein Spiegel der Persönlichkeit und schaffen als "Brücke zur Natur" individuelle Erlebnisse für Menschen. Diese positiven Aspekte müssen stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung. Pferdesportler, gerade im Turniersport, müssen korrektes Verhalten gegenüber dem Lebewesen Pferd zeigen, um kein schlechtes Image zu produzieren.
Eine sich ebenfalls abzeichnende Entwicklung ist der Trend zum Freizeitreiten. Auch bei Kindern und Jugendlichen ist eine Turnierunzufriedenheit erkennbar, was bedauerlicherweise auch an den Ausbildern liegt. Obwohl Amateurreitlehrer lieber Kinder und Jugendliche unterrichten, findet oftmals keine Betreuung und Begleitung bei Turnieren statt. Amateurausbilder, die im Durchschnitt selber eher auf niedrigem Niveau reiten, haben zudem kaum Interesse an einer DOSB-Lizenz, die sie an das Weiterbildungssystem binden würde. Eine vielseitige disziplinübergreifende Ausbildung ist selten möglich.
Vielleicht auch ein Grund, warum z.B. der VFD steigende Mitgliederzahlen verzeichnen kann. Die Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland (VFD) ist ein eingetragener Verein, der sich als Anlaufpunkt für die Reiter und Fahrer versteht, die das Reiten und Fahren vornehmlich im Gelände und auf Wanderritten betreiben und ein Interesse an einem artgerechten Umgang mit dem Pferd haben, und der Freizeitgestaltung mit dem Pferd gegenüber der Sportausübung den Vorrang einräumen. Die VFD ist nach der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) der zweitgrößte deutsche Reiterverband und ist offen für Reiter aller Stilrichtungen. Die VFD versteht sich als Lobbyverband der Freizeitreiter und -fahrer und als Lobbyist der Pferde und setzt sich dementsprechend für einen artgerechten Umgang mit ihnen und artgerechte Formen der Pferdehaltung ein.
Toleranz und Fairness in Pferdehaltung und Pferdesport, das ist das Motto der PM's. Die Persönlichen Mitglieder (PM) sind eine Gruppe innerhalb der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), die den gesamten Querschnitt des Pferdesportes repräsentieren. Ihre Anzahl wächst ständig, mittlerweile sind mehr als 57.000 Pferdefreunde Persönliches Mitglied im Bundesverband für Pferdesport und -zucht geworden.Mit ihrem Engagement unterstützen die Persönlichen Mitglieder Pferdehaltung und Pferdesport auf der Basis der "Ethischen Grundsätze des Pferdefreundes". Auch in Berlin-Brandenburg konnten, so die erfreuliche Aussage von Angelika Binding, im letzten Jahr fast 80 neue Mitglieder begrüßt werden. Eine gute Nachricht, die auch die anwesende Geschäftsführerin des LPBB, Nicole Schwarz, und Martina Schünemann, Vizepräsidentin des Landesverbands, die aufmerksam das Thema des Abends verfolgte, erfreute.
Text+Fotos: Marietta Grade
Matthias Bojer, Dozent für die Abteilung Reitsport der Deutschen Sporthochschule Köln, stellte viele interessante Fakten vor. Die Deutsche Sporthochschule in Köln hat bereits viele Projekte im Bereich des strukturellen Wandels im Pferdesports mit mehreren Themen durchgeführt. Mehr als 10 wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Pferdefitness und 15 Arbeiten im Bereich Reiterfitness wurden in der Abteilung Reitsport erstellt. Dazu gab es vier Symposien und mehrere Workshops zum Thema Pferdesport.
Seit Kindesbeinen spielen Pferde und Reitsport die zentrale Rolle im Leben von Matthias Bojer, der im Emsland geboren wurde. Sein Studium der Sportwissenschaft und Geographie schloss er dieses im Jahr 1995 mit einer Diplomarbeit ab, für die er von der Forschungsgesellschaft für Klassische Reitkunst und Reitsport einen Forschungspreis bekam. Nach dem Studienabschluss widmete er sich der Diplomsportlehrer, der auch als Ausbilder junger Springpferde in unterschiedlichen Turnier- und Handelsställen tätig war, vor allem der Untersuchung des Ausdauertrainings bei Pferden und wurde im Jahr 2001 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Natursport und Ökologie angestellt. Er ist heute im Hauptberuf als Dozent für die Abteilung Reitsport der DSHS Köln verantwortlich. Nebenberuflich entwickelt und vermarktet er unter dem Namen "athlet pferd" neue Trainingskonzepte und –produkte für den Pferdesport und ist als Referent in den unterschiedlichsten Bereichen des Reitsports gefragt.
Der Pferdesport in Deutschland steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen. Nicht nur der demographische Wandel, sondern auch viele andere Faktoren machen es notwendig, als Pferdesportliebhaber in unserer Gesellschaft aktiv zu werden und sich für die Passion Pferd einzubringen. Die Bedeutung des Pferdesports in unserer Konsum- und Dienstleistungsgesellschaft muss hervorgehoben und die positiven Eigenschaften des Pferdesports wieder in den Blickpunkt gestellt werden. Bojer stellte in Berlin Ergebnisse verschiedener Diplomarbeiten vor. Wie ist die Situation heute und wie werden die Zielgruppen der Zukunft aussehen?
Bereits heute hat jedes dritte Kind unter fünf Jahren einen Migrationshintergrund. Kleinfamilien und Singlehaushalte nehmen deutlich zu, die Geburtenrate sinkt stark. Bis 2060 wird es in Deutschland ca. 64,6 Mio Einwohner geben, d.h. -21 %. Fazit: weniger junge Menschen, mehr ältere Menschen und mehr Ausländer. Intergration muss die Kernaufgabe aller Vereine werden, um überleben zu können. Über 60 % aller Vereine sehen sich aktuell schon in ihrer Existenz bedroht, da der Wertewandel und ein geändertes Freizeitverhalten ehrenamtliche Tätigkeiten "unbeliebt" machen.
Traditionell zum Jahresende veröffentlicht der DOSB seine Mitgliederzahlen. Ein leichtes Minus von 1,4 Prozent verzeichneten Deutschlands Reitvereine zum 1. Januar 2013. Im Vergleich zu 2012 sank die Zahl der Mitglieder um 10.075 auf 708.890. Damit ist die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) der neuntgrößte Sportverband unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Schaut man sich die Statistik der Reitvereine etwas genauer an, fällt auf, dass der größte Rückgang die bis 18-Jährigen betrifft. Diese Zahl überrascht nicht, denn sie entspricht einerseits der jetzt bereits einsetzenden demographischen Entwicklung und ist andererseits eng verknüpft mit der Verkürzung der Gymnasialzeit und der Einführung der Ganztagsschule.
Dabei Deutschland ist ein Pferdeland. Von weltweit etwa 60 Millionen Pferden und Ponys leben nach Schätzungen mehr als eine Million auf deutschem Boden. Im Laufe der Jahre hat sich so rund um den Pferdesport und die Pferdezucht ein starker Wirtschaftszweig entwickelt. In Deutschland sichern drei bis vier Pferde einen Arbeitsplatz. Insgesamt verdienen rund 300.000 Menschen hierzulande ihren Lebensunterhalt mit dem Pferdesport. Etwa 10.000 Firmen bieten ausschließlich Dienstleistungen und Produkte für Pferde und deren Reiter an.
Die Pferdepopulation hat sich hierzulande allein in den vergangenen 40 Jahren vervierfacht. Der Wandel in der Bedeutung des Tieres ist ebenfalls erheblich: vom Nahrungslieferanten zum Machtsymbol, dann zum Nutztier und Helfer bis schliesslich zum Sport- und Freizeitpartner. Auch zur Behandlung von Krankenheiten, in der Therapie, werden heutzutage Pferde eingesetzt, da sie Sympathieträger sind und Emotionen auslösen. Sie sind authentisch, ein Spiegel der Persönlichkeit und schaffen als "Brücke zur Natur" individuelle Erlebnisse für Menschen. Diese positiven Aspekte müssen stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung. Pferdesportler, gerade im Turniersport, müssen korrektes Verhalten gegenüber dem Lebewesen Pferd zeigen, um kein schlechtes Image zu produzieren.
Eine sich ebenfalls abzeichnende Entwicklung ist der Trend zum Freizeitreiten. Auch bei Kindern und Jugendlichen ist eine Turnierunzufriedenheit erkennbar, was bedauerlicherweise auch an den Ausbildern liegt. Obwohl Amateurreitlehrer lieber Kinder und Jugendliche unterrichten, findet oftmals keine Betreuung und Begleitung bei Turnieren statt. Amateurausbilder, die im Durchschnitt selber eher auf niedrigem Niveau reiten, haben zudem kaum Interesse an einer DOSB-Lizenz, die sie an das Weiterbildungssystem binden würde. Eine vielseitige disziplinübergreifende Ausbildung ist selten möglich.
Vielleicht auch ein Grund, warum z.B. der VFD steigende Mitgliederzahlen verzeichnen kann. Die Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland (VFD) ist ein eingetragener Verein, der sich als Anlaufpunkt für die Reiter und Fahrer versteht, die das Reiten und Fahren vornehmlich im Gelände und auf Wanderritten betreiben und ein Interesse an einem artgerechten Umgang mit dem Pferd haben, und der Freizeitgestaltung mit dem Pferd gegenüber der Sportausübung den Vorrang einräumen. Die VFD ist nach der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) der zweitgrößte deutsche Reiterverband und ist offen für Reiter aller Stilrichtungen. Die VFD versteht sich als Lobbyverband der Freizeitreiter und -fahrer und als Lobbyist der Pferde und setzt sich dementsprechend für einen artgerechten Umgang mit ihnen und artgerechte Formen der Pferdehaltung ein.
Toleranz und Fairness in Pferdehaltung und Pferdesport, das ist das Motto der PM's. Die Persönlichen Mitglieder (PM) sind eine Gruppe innerhalb der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), die den gesamten Querschnitt des Pferdesportes repräsentieren. Ihre Anzahl wächst ständig, mittlerweile sind mehr als 57.000 Pferdefreunde Persönliches Mitglied im Bundesverband für Pferdesport und -zucht geworden.Mit ihrem Engagement unterstützen die Persönlichen Mitglieder Pferdehaltung und Pferdesport auf der Basis der "Ethischen Grundsätze des Pferdefreundes". Auch in Berlin-Brandenburg konnten, so die erfreuliche Aussage von Angelika Binding, im letzten Jahr fast 80 neue Mitglieder begrüßt werden. Eine gute Nachricht, die auch die anwesende Geschäftsführerin des LPBB, Nicole Schwarz, und Martina Schünemann, Vizepräsidentin des Landesverbands, die aufmerksam das Thema des Abends verfolgte, erfreute.
Text+Fotos: Marietta Grade