03.04.2014 11:28
PM-Regionaltagung zum Thema: Dressur transparent - was der Richter sehen will
„Mein Ritt war doch gut, was haben denn die Richter daran zu bemängeln?“ lautet oft die Aussage nach Prüfungen auf den Turnierplätzen. Die eigene Wahrnehmung weicht nicht selten von der Einschätzung anderer Personen ab. Die Richter stehen bei den Reitern deshalb gerne in der Kritik.
Aber auch in den Medien findet man kritische Schlagzeilen, z.B. in der Cavallo: „Warum bekommen schlecht gerittene Pferde gute Noten?“ Oder im St.Georg: „Wo sind die Richter, die erkennen können oder wollen, ob ein Pferd korrekt ausgebildet wurde oder mit Hilfe von allen möglichen dubiosen Hilfsmitteln zu den spektakulären Bewegungen getriezt wurde?“ Aber auch aus den eigenen Reihen kommt Kritik. Michael Putz aus Buckenhof in Bayern kritisiert seit Jahren falsche Trends in der Reiterszene. Der ehemalige Leiter der Westfälischen Reit- und Fahrschule in Münster richtet selbst und bildet Nachwuchsrichter aus. Sein Statement: „Pferdegerechtes Reiten und Erfolg auf dem Turnier haben heute nicht mehr so viel miteinander zu tun.“
Die andere Seite: Dressurrichten ist ein undankbarer Job, glücklich ist meist nur der Sieger. Und da Richterurteile bis zu einem gewissen Grad Ermessenssache sind, kann im Anschluss an die Platzierung noch ewig darüber diskutiert werden.
Richter im Turniersport sind Fachleute, die eine lange und gründliche Ausbildung absolviert haben. Grundsätzliche Voraussetzungen sind für die Anwärter:
- Einwandfreie charakterliche Haltung und Führung
- Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, nicht älter, als 6 Monate.
- Die Prüfung zum Trainer C – Reiter/Leistungssport und entweder DRA II oder entsprechende Platzierungen der Kl. L in Dressur- und Spring- oder Vielseitigkeitsprüfungen oder Platzierungen in einer Disziplin der Kl. M.
- Erfolgreiche Prüfung zum Bereiter FN bzw. Pferdewirt - Schwerpunkt Reiten oder zum Trainer A.
Zunächst erfolgt die Aufnahme in eine Richteranwärterliste. Hierzu muss ein entsprechendes Vorbereitungsseminar absolviert werden. Nach der Aufnahme in die Richteranwärterliste erfolgt die ''Lehrzeit''. Die Absolvierung von Testaten in den einzelnen Prüfungen ist Pflicht. Die Führung auf der Richteranwärterliste beträgt mindestens ein jedoch maximal vier Jahre. Für die Zulassung zur Richterprüfung (Grundprüfung – DL, SL) müssen die Testate abgelegt worden sein. Nach erfolgreicher Absolvierung dieser Prüfung ist das eigenständige Richten zunächst bis zu Kl. L in Dressur und Springen möglich. Nach weiteren Qualifikation und Prüfungen können dann in den Folgejahren die Klassen M und S gerichtet werden.
Ganz wichtig für beide Seiten, Reiter und Richter, ist die Kommunikation. Natürlich nicht auf emotionaler, sondern auf sachlicher Ebene, können durch ein Gespräch viele Dinge geklärt werden. Oder, wie am 30.3.2014 bei der PM-Regionaltagung im Rahmen des Hallenchampionats Dressur in Tremsdorf (Brandenburg), eine Prüfungskommentierung durch einen Richter. Ein Dialog zur Sichtweise von Reitern und Richtern. Nach dem Motto „Dressur transparent – was der Richter sehen will“ vermittelte der Richter Ralph Schmidt Hintergrundinformationen zwischen und während den Vorstellungen der teilnehmenden Reiter-Pferde-Paare. Ralph Schmidt ist ein international bekannter Reiter und Richter. Er absolvierte seine Ausbildung bei Dr. Reiner Klimke, Johann Hinnemann und Heinz Lammers und erritt selbst zahlreiche Siege bis S** und Erfolge bis hin zum Grand Prix und Grand Prix- Special. 1988 erhielt er seine Grand Prix Richter – Qualifikation und hat im Jahr 2000 zusätzlich seine Richterprüfung für Spanien in Zarragossa erfolgreich absolviert. Bisher hat er in Spanien, Norwegen, Belgien, Holland und Österreich gerichtet. Aktuell wird Ralph Schmidt im Jahr zu 30 bis 40 Grand Prix Prüfungen bis hin zu Grand Prix **** auf dem Turnier der Sieger in Münster und Bonhomme in Berlin als Richter einberufen. Ein Mann der Praxis und ein Fachmann, der klare und verständliche Aussagen macht. Zwar fachlich auf hohem Niveau, aber ohne „Fachchinesisch“ und dazu mit unterhaltsamen Zwischenbemerkungen.
Angelika Binding, Sprecherin PM-Regionalversammlung Berlin-Brandenburg, begrüßte am Sonntagmittag die 40 angemeldeten Besucher mit einem Glas Sekt. „Ich freue mich über die große Resonanz. Alle verfügbaren Plätze waren sehr schnell ausgebucht“, so die Berlinerin, die seit vielen Jahren für die Persönlichen Mitglieder in der Region zuständig ist. In die Rolle des Dressurrichters zu schlüpfen und Wertnoten für die einzelnen Lektionen zu vergeben, dazu die Meinung eines anerkannten Fachmanns zu hören, traf genau das Interesse der Pferdesportler.
Vor Beginn der Kommentierung, erhielt jeder Besucher einen Bewertungsbogen der Aufgabe Prix St. Georges. Der Prix St. Georges ist die internationale Dressurprüfung mit dem niedrigsten Niveau dieser Altersklasse. Er darf mit Pferden bestritten werden, die mindestens 7 Jahre alt sind. Diese Aufgabe ist verhältnismäßig einfach und fließend konzipiert, für die Pferde quasi entgegenkommend. Ralph Schmidt erklärte, wie er sich als Richter auf die Prüfung vorbereitet. Dann folgte eine genaue Ausführung, wie die Aufgabe angelegt ist, worauf ein Richter bei den einzelnen Lektionen achtet und wie die Bewertung in den Lektionen und den Fußnoten (Reinheit der Gänge, Schwung, die Gehorsamkeit / Durchlässigkeit des Pferdes sowie Sitz und Einwirkung des Reiters ) erfolgt. Höhepunkte zu erkennen und zu würdigen sowie aus Fehlern zu lernen war die Aufgabenstellung des Nachmittags. Nach einigen Ritten, die Schmidt mit und ohne Noten selbst kommentierte, trauten sich zunehmend auch die Besucher, die Ritte zu bewerten. Dabei kam es zu interessanten Dialogen, da die Sichtweisen doch hier und da auseinanderlagen, doch letztendlich gab es immer Begründungen, die zu einer Einigung führten. Thomas Rathke (Gestüt Buckautal) brachte bei seiner Kommentierung eines Rittes auch sein Wissen als Züchter mit ein, die ehemalige Dressurreiterin Monika Fiebich gab ergänzende Einschätzungen aus vielfältigen Erfahrungen ihrer erfolgreichen Turnierlaufbahn. Auch Landesverbandsgeschäftsführer Peter Fröhlich, aktiver Springreiter, war von der PM-Veranstaltung begeistert. An ihn, als Vertreter des Landesverbands, wurde vielfach der Wunsch herangetragen, solch eine Prüfungskommentierung auch in den Klassen A – M durchzuführen. Die Gespräche über eine Fortsetzung werden demnächst folgen. Es wäre wünschenswert, wenn diese Transparenz zum besseren Verständnis und zu mehr sachlicher Kommunikation zwischen Richtern und Reiter beitragen würde. Auch zum Wohle des Turniersports.
Text+Fotos:Marietta Grade
Aber auch in den Medien findet man kritische Schlagzeilen, z.B. in der Cavallo: „Warum bekommen schlecht gerittene Pferde gute Noten?“ Oder im St.Georg: „Wo sind die Richter, die erkennen können oder wollen, ob ein Pferd korrekt ausgebildet wurde oder mit Hilfe von allen möglichen dubiosen Hilfsmitteln zu den spektakulären Bewegungen getriezt wurde?“ Aber auch aus den eigenen Reihen kommt Kritik. Michael Putz aus Buckenhof in Bayern kritisiert seit Jahren falsche Trends in der Reiterszene. Der ehemalige Leiter der Westfälischen Reit- und Fahrschule in Münster richtet selbst und bildet Nachwuchsrichter aus. Sein Statement: „Pferdegerechtes Reiten und Erfolg auf dem Turnier haben heute nicht mehr so viel miteinander zu tun.“
Die andere Seite: Dressurrichten ist ein undankbarer Job, glücklich ist meist nur der Sieger. Und da Richterurteile bis zu einem gewissen Grad Ermessenssache sind, kann im Anschluss an die Platzierung noch ewig darüber diskutiert werden.
Richter im Turniersport sind Fachleute, die eine lange und gründliche Ausbildung absolviert haben. Grundsätzliche Voraussetzungen sind für die Anwärter:
- Einwandfreie charakterliche Haltung und Führung
- Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, nicht älter, als 6 Monate.
- Die Prüfung zum Trainer C – Reiter/Leistungssport und entweder DRA II oder entsprechende Platzierungen der Kl. L in Dressur- und Spring- oder Vielseitigkeitsprüfungen oder Platzierungen in einer Disziplin der Kl. M.
- Erfolgreiche Prüfung zum Bereiter FN bzw. Pferdewirt - Schwerpunkt Reiten oder zum Trainer A.
Zunächst erfolgt die Aufnahme in eine Richteranwärterliste. Hierzu muss ein entsprechendes Vorbereitungsseminar absolviert werden. Nach der Aufnahme in die Richteranwärterliste erfolgt die ''Lehrzeit''. Die Absolvierung von Testaten in den einzelnen Prüfungen ist Pflicht. Die Führung auf der Richteranwärterliste beträgt mindestens ein jedoch maximal vier Jahre. Für die Zulassung zur Richterprüfung (Grundprüfung – DL, SL) müssen die Testate abgelegt worden sein. Nach erfolgreicher Absolvierung dieser Prüfung ist das eigenständige Richten zunächst bis zu Kl. L in Dressur und Springen möglich. Nach weiteren Qualifikation und Prüfungen können dann in den Folgejahren die Klassen M und S gerichtet werden.
Ganz wichtig für beide Seiten, Reiter und Richter, ist die Kommunikation. Natürlich nicht auf emotionaler, sondern auf sachlicher Ebene, können durch ein Gespräch viele Dinge geklärt werden. Oder, wie am 30.3.2014 bei der PM-Regionaltagung im Rahmen des Hallenchampionats Dressur in Tremsdorf (Brandenburg), eine Prüfungskommentierung durch einen Richter. Ein Dialog zur Sichtweise von Reitern und Richtern. Nach dem Motto „Dressur transparent – was der Richter sehen will“ vermittelte der Richter Ralph Schmidt Hintergrundinformationen zwischen und während den Vorstellungen der teilnehmenden Reiter-Pferde-Paare. Ralph Schmidt ist ein international bekannter Reiter und Richter. Er absolvierte seine Ausbildung bei Dr. Reiner Klimke, Johann Hinnemann und Heinz Lammers und erritt selbst zahlreiche Siege bis S** und Erfolge bis hin zum Grand Prix und Grand Prix- Special. 1988 erhielt er seine Grand Prix Richter – Qualifikation und hat im Jahr 2000 zusätzlich seine Richterprüfung für Spanien in Zarragossa erfolgreich absolviert. Bisher hat er in Spanien, Norwegen, Belgien, Holland und Österreich gerichtet. Aktuell wird Ralph Schmidt im Jahr zu 30 bis 40 Grand Prix Prüfungen bis hin zu Grand Prix **** auf dem Turnier der Sieger in Münster und Bonhomme in Berlin als Richter einberufen. Ein Mann der Praxis und ein Fachmann, der klare und verständliche Aussagen macht. Zwar fachlich auf hohem Niveau, aber ohne „Fachchinesisch“ und dazu mit unterhaltsamen Zwischenbemerkungen.
Angelika Binding, Sprecherin PM-Regionalversammlung Berlin-Brandenburg, begrüßte am Sonntagmittag die 40 angemeldeten Besucher mit einem Glas Sekt. „Ich freue mich über die große Resonanz. Alle verfügbaren Plätze waren sehr schnell ausgebucht“, so die Berlinerin, die seit vielen Jahren für die Persönlichen Mitglieder in der Region zuständig ist. In die Rolle des Dressurrichters zu schlüpfen und Wertnoten für die einzelnen Lektionen zu vergeben, dazu die Meinung eines anerkannten Fachmanns zu hören, traf genau das Interesse der Pferdesportler.
Vor Beginn der Kommentierung, erhielt jeder Besucher einen Bewertungsbogen der Aufgabe Prix St. Georges. Der Prix St. Georges ist die internationale Dressurprüfung mit dem niedrigsten Niveau dieser Altersklasse. Er darf mit Pferden bestritten werden, die mindestens 7 Jahre alt sind. Diese Aufgabe ist verhältnismäßig einfach und fließend konzipiert, für die Pferde quasi entgegenkommend. Ralph Schmidt erklärte, wie er sich als Richter auf die Prüfung vorbereitet. Dann folgte eine genaue Ausführung, wie die Aufgabe angelegt ist, worauf ein Richter bei den einzelnen Lektionen achtet und wie die Bewertung in den Lektionen und den Fußnoten (Reinheit der Gänge, Schwung, die Gehorsamkeit / Durchlässigkeit des Pferdes sowie Sitz und Einwirkung des Reiters ) erfolgt. Höhepunkte zu erkennen und zu würdigen sowie aus Fehlern zu lernen war die Aufgabenstellung des Nachmittags. Nach einigen Ritten, die Schmidt mit und ohne Noten selbst kommentierte, trauten sich zunehmend auch die Besucher, die Ritte zu bewerten. Dabei kam es zu interessanten Dialogen, da die Sichtweisen doch hier und da auseinanderlagen, doch letztendlich gab es immer Begründungen, die zu einer Einigung führten. Thomas Rathke (Gestüt Buckautal) brachte bei seiner Kommentierung eines Rittes auch sein Wissen als Züchter mit ein, die ehemalige Dressurreiterin Monika Fiebich gab ergänzende Einschätzungen aus vielfältigen Erfahrungen ihrer erfolgreichen Turnierlaufbahn. Auch Landesverbandsgeschäftsführer Peter Fröhlich, aktiver Springreiter, war von der PM-Veranstaltung begeistert. An ihn, als Vertreter des Landesverbands, wurde vielfach der Wunsch herangetragen, solch eine Prüfungskommentierung auch in den Klassen A – M durchzuführen. Die Gespräche über eine Fortsetzung werden demnächst folgen. Es wäre wünschenswert, wenn diese Transparenz zum besseren Verständnis und zu mehr sachlicher Kommunikation zwischen Richtern und Reiter beitragen würde. Auch zum Wohle des Turniersports.
Text+Fotos:Marietta Grade