09.08.2012 21:04

Barockes Reitspektakel Le Carrousel de Sanssouci in Potsdam Neues Palais

"Friederisiko" heißt die zentrale Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Die Ausstellung ist eine Entdeckungsreise zu Ehren des 300. Geburtstags Friedrichs des Großen 2012. Die Lust am Risiko war ein prägnanter Charakterzug dieses Monarchen und risikofreudig war auch das Team der Höfische Festspiele GmbH mit den Geschäftsführern Kaspar v. Erffa und Katrin Schramm mit dem ganz besonderen Event "Le Carrousel de Sanssouci". Ein barockes Reitspektakel nach Vorbild des 'Carrousel de Berlin', das Friedrich der Große 1750 auf­führen ließ, wurde vom 19.-22.7. am Neuen Palais in Potsdam aufgeführt.
Pferdekarusselle waren seit dem 17. Jahrhundert die 'Königsdisziplin' der höfischen Festlichkeiten: ein Gesamtkunstwerk aus musikalisch begleiteter Reitkunst, wesentlich bereichert durch tänzerische, gesangliche und artistische Darbietungen. Pferdekarusselle gab es bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein, das letzte Karussel in Preußen war 1829 der berühmte "Zauber der Weissen Rose" zu Ehren von Zarin Alexandra Feodorowna.
In einem barocken Pferdekarussel wurde dem Publikum auch eine Geschichte vermittelt. Zumeist sollte dabei anhand mythologischer oder historischer Gleichnissen die Macht und Pracht des Herrscherhauses zur Schau gestellt werden. In Potsdam 2012 wurde noch eine zweite Geschichte erzählt. Die einer bewegenden Liebe ohne Happy End. 
Egal ob Reiter, Musiker, Kostümbildner...alle Beteiligten hatten es nicht leicht, eine Aufführung aus dem Jahr 1750 nachzustellen. Zeitintensive, akribische Recherchen war nötig, um das Event so detailgetreu wie möglich zu gestalten.
Die Fürstliche Hofreitschule Bückeburg ist Deutschlands ein­zige Hofreitschule, eine von nur vier weltweit bestehenden Institutionen von dieser Art. Seit Jahrzehnten widmen sich ihre Gründer, Christin und Wolfgang Krischke, der Lehre der »Hohen Schule der klassischen Reitkunst« und der Ausbildung der dazu benötigten, authentischen Reitkunst­-Pferderassen. Die Choreografie für die rund 20 Pferde ist aus alten Dokumenten rekonstruiert worden. "Viele Lektionen sind vergessen und mussten aus originalen Schriften oder Stichen hergeleitet werden", sagt Diana Krischke. Kostüme der Reiter und der Schmuck der Tiere sind nach detaillierten Aquarellen des Karussells von 1750 entstanden. "Die größte Herausforderung war, die Kostüme reitergerecht zu schneidern", so die Aussage der Chefausstatterin Manuela Motter. Welche Musik im August 1750 tatsächlich gespielt wurde ist leider nicht überliefert. Deshalb wurde auf weitgehend unbekannte Musiken aus der friderizianische Zeit zurückgegriffen, die so oder so ähnlich auch beim 'Carrousel de Berlin' erklungen sein könnten.
Das Wetter, auch ein Risiko bei Open Air Veranstaltungen, war am Premierenabend nicht ganz optimal, aber trotzdem waren die Tribünen gut gefüllt. "Anfangs sah es am Himmel recht bedrohlich aus, aber nach einem kurzen Schauer zeigte sich die Sonne und dadurch gab es einen wunderschönen Regenbogen. Man hatte den Eindruck, Friedrich gibt sein Einverständnis, ein einmaliger Gänsehautmoment", so Christin Krischke, Chefin der Hofreitschule Bückeburg, für die mit dem "Carrousel de Sanssouci" ein reiterlicher Traum in Erfüllung ging. Und auch die Zuschauer wurden in den Bann gezogen. "Ein wunderbares Spektakel, das in der heutigen Zeit einen Märchencharakter hat und es deshalb umso mehr schafft, uns in eine Welt zu entführen, in die wir selten Einlass finden." Zitat einer Journalistin.
Die Mischung aus Musik, Gesang, Tanz und den reiterlichen Vorführungen mit klassischen Elementen wie der Kunst der Schule über der Erde (Levade, Piaffe, Kapriole) und dem ritterlichen, Tjost, genannten Zweikampf, war unterhaltsam und kurzweilig. Auch für "Pferdeleute", die öfter als der normale Besucher bei aktuellen Pferdeshows, wie z.B.  Apassionata, zu Gast sind, war der Abend am Neuen Palais eine gelungene, weil gänzlich andere Art der Präsentation von Pferden und Reitkunst.  
Kaspar von Erffa, der 47-jährige Chef des Potsdamer Historien-Vereins Höfische Festspiele und künstlerische Leiter, konnte am Sonntagabend ein sehr positives Fazit ziehen. Fast täglich ausverkaufte Vorstellungen, fast jeden Tag regenfrei, begeisterte Zuschauer. Die Wiederaufführung nach 262 Jahren Pause ist gelungen. Darum gibt es bereits Pläne für eine Fortsetzung 2013. Nach dem Ende der Bauarbeiten auf dem Gelände kann der Standort der Arena etwas optimiert und der Reitplatz vergrößert werden. Mehr Mitwirkende, eine neue Geschichte...Und ganz sicher wieder 2,5 Stunden, in denen man der Gegenwart entfliehen kann. Für optische Eindrücke : Große Fotogalerie
Text+Fotos : Marietta Grade