21.05.2022 13:04

Kim Jesse - individuelle Ausbildung zum Wohl der Pferde

Erfolgreiche, internationale Dressurreiter sind meist in einer Festanstellung bei namhaften Ställen, wo sie am Tag bis zu 10 Pferde reiten. So war es jahrelang auch bei Ausbilderin Kim Jesse. Die gebürtige Bremerin, die durch den Beruf ihres Vaters einige Zeit auch in Saudi Arabien gelebt hat, hat sich seit ihrer Rückkehr nach Berlin-Brandenburg für einen anderen Weg entschieden.
Kim Jesses Werdegang ist etwas Besonders, denn sie hat niemals eine Ausbildung zur Bereiterin gemacht. Sie ist auch nicht in einer Reiterfamilie geboren. Wie viele andere Mädchen hat sie erst mit etwa zehn Jahren begonnen, in Groß Ziethen Reitunterricht zu nehmen. Ihr erstes Turnierpferd bekam sie mit 16 Jahren. Mit Wallach Web Transact und Trainer Jochen Vetters wurde Kim, neben zahlreichen anderen Erfolgen, 2003 und 2004 Landesmeisterin Junge Reiter und bekam schon 2004 das Goldene Reitabzeichen. Schnell bekam sie Angebote von Dressurreitern, ihre Pferde zu reiten und auszubilden, u.a  vom Gestüt Bonhomme. 2005 wechselte sie in den Stall von Dirk Haese nach Warendorf, der durch den Verkauf von Ausnahmepferd Bonfire an  Anky van Grunsven in der Reiterwelt Aufsehen erregte. 2013 wurde sie Westfälische Dressurmeisterin, flog nach Wellington (USA), wo sie für den Nationenpreis mit ihrem Charming nominiert war. Und das, obwohl sie selber sagt: „Eigentlich wollte ich immer Springreiterin werden." Aber das ist lange her und es hatte sich schnell herauskristallisiert, dass ihr die Dressur im Blut liegt.
2019 kehrte sie mit einigen Pferden nach Berlin-Brandenburg zurück. Phöben, Marggraffshof und Genshagen waren die ersten  Anlauforte, bevor sie beschloss, in Trebbin einen Hof zu pachten und diesen nach ihrem eigenen Konzept zu betreiben. Nur wenige Boxen, dafür viel Raum und Platz für Ausbildung und Rekonvaleszenz." Das Pferd gibt die Zeit vor, das es braucht um die Ausbildung zu absolvieren." Dieser Satz wird heutzutage leider viel zu oft nicht umgesetzt. Viele Besitzer, Trainer und Reiter wollen den schnellen Turniererfolg. Das Pferd ist Mittel zum Zweck. "Mein Ausbildungsziel ist immer – egal in welcher Klasse – ein losgelassenes, zufriedenes und motiviertes Pferd, das leicht zu reiten/nachzureiten ist, genauso wie ein zufriedener und motivierter Reiter, der Freude und Spaß am Reiten und Reitunterricht hat, jemand der Ziele hat und diese fokussiert und festhält", erklärt Kim Jesse. Und weiter: " Um meinen vier- und zweibeinige Schützlingen die optimale Zuneigung und Ausbildung geben zu können, habe ich mir eigenen Raum für Entfaltung geschaffen. Mit großzügigen Fensterboxen – oder Offenstallhaltung, schönen Koppeln und saftigen Paddocks und vielseitigen Trainingsmöglichkeiten biete ich den Pferden individuelle Freiräume und den Reitern eine feste Stütze." Ausbildung und auch Lehrgänge ja, aber eben kein "Angebot von der Stange", kein festgelegtes Schema.
Individuelle Betreuung von Pferd und Reiter, die in einem großen Stall so gar nicht möglich ist. Die Pferde und ihr Wohlbefinden stehen sollten zwar immer im Vordergrund stehen, aber die individuelle Betreuung nach OP oder Reha, das langsame Antrainieren nach einer Verletzung, Spaziergänge oder andere spezielle Regenerierungsmaßnahmen, können bei Personalknappheit oder fehlendem Platz auf einer größeren Anlage einfach nicht angeboten werden. 
Gefühl und Leidenschaft für Pferde ebnen den Weg für Erfolge, denn Reiten ist viel mehr als nur ein Sport. Es ist die Verbindung zwischen zwei Lebewesen. "Reiten ist eine Lebenseinstellung voller Faszination, Leidenschaft und harter Arbeit", so lautet die Philosophie von Kim Jesse.  Und es ist Talent, Disziplin und diese Einstellung, die sie dahin gebracht haben, wo sie heute ist. Mehr Infos auf: www.kjdressage.de

Text+Fotos 1+4: Marietta Grade Fotos 2+3 Privat