05.11.2023 19:08

Hilfe für Pferde Pferden mit Headshaking-Syndrom?

Unter dem Begriff Headshaking-Syndrom wird ein Verhalten verstanden, bei dem das Pferd unkontrolliert horizontal, vertikal oder rotierend mit dem Kopf schlägt oder schüttelt. Häufig schnauben die Pferde dabei und versuchen, sich die Nase oder Augen zu reiben. Die Bewegungen ähneln solchen, die zur Insektenabwehr eingesetzt werden, allerdings fehlen äußere Stimuli.

Die Frequenz und Intensität der Kopfbewegungen können eine Nutzung des betroffenen Pferdes für den Reit- oder Fahrsport unmöglich machen. Erstmalig wird das Headshaking-Syndrom 1809 durch Lawrence erwähnt, 1899/1900 veröffentlichte Williams eine genaue Beschreibung der Symptome sowie einen Therapieansatz. Der Begriff Headshaking-Syndrom hat sich in Deutschland neben der Bezeichnung Kopfschütteln durchgesetzt.

Die Ursachen für das Headshaking-Syndrom sind sehr vielfältig. So können zum Beispiel folgende Grunderkrankungen für die Verhaltensweise verantwortlich gemacht werden: Zahnerkrankungen, Erkrankungen der Augen sowie der Ohren mit Gleichgewichtsorgan, Erkrankungen der Luftsäcke, der Nasennebenhöhlen und schmerzhafte Prozesse im Bereich des Gesichtes, Kiefergelenkes und der Wirbelsäule. Aus diesem weiten Feld der möglichen Ursachen des Headshaking-Syndroms ergibt sich die Notwendigkeit einer gründlichen Beobachtung der Symptome, sowie eine ausführliche Untersuchung des Patienten.

Häufig liegt als Auslöser des Headshaking-Syndroms ein Gesichtsschmerz vor, der mit der sogenannten Trigeminusneuralgie des Menschen vergleichbar ist. Es handelt sich hierbei um einen äußerst schmerzhaften Reizungszustand des 5. Hirnnerven, welcher die Empfindungen im Gesicht weiterleitet. Als Auslöser der blitzartig einschiessenden Schmerzattacken wird für den Menschen Kauen, Sprechen, Schlucken, Berührungen im Gesicht, kalter Luftzug und Bewegungen der Gesichtsmuskulatur angegeben. Die Schmerzen, welche durch eine Trigeminusneuralgie hervorgerufen werden, erreichen auf einer Skala von 1-10 (1 = wenig schmerzhaft, 10 = stärkster Schmerz) fast immer Grad 10.

Es gibt mittlerweile zahlreiche Hinweise darauf, dass Cannabinoide neuropathische Schmerzen wirksam lindern können, indem sie die neuronale Übertragung in den Schmerzbahnen hemmen. Rodrigo Zamith Cunha von der Universität Bologna und seine ForscherkollegInnen der Universitäten von Nottingham und Bristol stellten in ihrer Studie einleitend fest, dass Trigeminus-induziertes Headshaking die häufigste neuropathische Gesichtsschmerzstörung bei Pferden sei.

Folglich könnten Cannabinoide einen vielversprechenden therapeutischen Ansatz für die klinische Behandlung von Trigeminus-induziertem Headshaking darstellen – Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die entsprechenden Rezeptoren im Trigeminus-Ganglion des Pferdes identifiziert werden könnten. Genau dies war das Vorhaben des internationalen Forscherteams.

Die WissenchaftlerInnen beschrieben das Ziel ihrer Laborarbeit als „Identifizierung und Charakterisierung der Expression von Cannabinoidrezeptoren und Cannabinoid-verwandten Rezeptoren in Abschnitten des Trigeminusganglions (Nervenknoten des Nervus trigeminus) von Pferden“. Sie testeten 10 Trigeminus-Ganglien von fünf Pferden, die zuvor aus gesundheitlichen Gründen eingeschläfert worden waren.

Das bemerkenswerte Ergebnis ihrer umfangreichen Labortests und Analysen: Sie fanden heraus, dass Cannabinoidrezeptoren (CB1 und CB2) und Cannabinoid-verwandte Rezeptoren (TRPV1, PPARɣ und GPR55) in der Mehrzahl der Neuronen des Trigeminusganglions von Pferden „extensiv exprimiert werden" – also in hohem Maße vorhanden und nachweisbar waren. Nach Kenntnis der Autoren ist dies die erste Studie, die diese Expression belegt. Dies sei eine ermutigende Entdeckung, so die AutorInnen.

Die Studie „Expression of Cannabinoid Receptors in the Trigeminal Ganglion of the Horse" von Rodrigo Zamith Cunha, Alberto Semprini, Giulia Salamanca, Francesca Gobbo, Maria Morini, Kirstie J. Pickles, Veronica Roberts und Roberto Chiocchetti ist am 3. Nov. 2023 in der Zeitschrift ,International Journal of Molecular Sciences' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.