29.09.2023 21:10

Günter Till, erfolgeichster Reiter der DDR, ist gestorben

Am 22. Oktober wäre Günter Till 78 Jahre alt geworden. Nun ist der ehemalige erfolgreiche Springreiter aus dem Osten Deutschlands nach schwerer Krankheit in der Nacht vom 15. zum 16. September gestorben.
Im einstigen Gabel (heute Niemec) besaß die Familie einen Bauernhof und musste ohne den Vater über Nacht mit Mutter, Onkel und zwei älteren Brüdern flüchten. Sie landeten in Langendorf bei Zeitz wieder auf einen Bauernhof. Die Mutter arbeitete zunächst im Kuhstall. Mit und ohne Sattel lernte Günter Till auf Arbeitspferden reiten.
1962 kam er als Lehrling nach Neustadt/Dosse. Sein Ausbilder war Walter Legde. Als Gestütswärter musste Günter Verkaufspferde reiten und auch auf Turnieren vorstellten. Seinen ersten internationalen Sieg im Ausland hatte er 1971 beim CSIO in Olsztyn, dem früheren Allenstein, in einem Zwei-Pferde-Springen mit Adonis und Nordstern. Nach Auflösung des Armeesportklubs 1972 brachte Helmut Hartmann (DDR-Meister im Springen und in der Vielseitigkeit) zwei Springpferde mit nach Neustadt und trainierte fortan die Gestütsreiter. Im gleichen Jahr konnte Günter Till mit dem Körling-Sohn Kornett seinen ersten DDR-Meistertitel gewinnen, es folgten fünf weitere. 1978 und 1981 mit Fakt II (v. Fanfaron), 1980 und 1984 mit Sturmflug (v. Sturmball in der LPG Lüssow bei Güstrow gezogen) sowie 1987 mit Kosak (v. Kosmos I), mit dem er 1985 die Bronzemedaille gewann.
Auch in Mächtigkeitsspringen war Günter Till erfolgreich und stellte 1983 beim CSA in Löbnitz mit Sturmflug einen DDR-Rekord mit einer Mauerhöhe von 2,16 m auf, der in der DDR nie mehr gebrochen wurde. Die Großen Preise der DDR gewann Günter Till 1978 mit Morgenrot und 1981 mit Fakt II. 27 Nationenpreise sowie weitere 18 Mannschaftsspringen ritt er für die DDR. Zu den bedeutenden Team-Siegen gehört der von 1979 in Bratislava mit Fakt II.
Nach 1990 war er auch mit den Pferden Kai (v. Kolibri) und Araff (v. Astrachan) erfolgreich. In Mühlegeez hat Günter Till bei den ersten beiden Turnieren 1991 mit Kai und 1992 mit Araff die Großen Preise gewonnen.
Nach der politischen Wende arbeitete Günter Till als selbständiger Berufsreiter und Ausbilder in der Reitschule Deutschlandhalle Berlin in Dallgow (Brandenburg). Hier hatte er auch Mylene und Mynou Diederichsmeier unter seinen Fittichen. Als diese bereits andere Wege gingen, unterstützte Günter Till als Trainer noch viele Reitschüler und korrigierte im Sattel Pferde im Parcours. „Reiten hält gesund und jung“, war seine Maxime bis ihn eine schwere Krankheit heimsuchte. Seine Söhne Olaf, der in Dallgow als Hufschmied arbeitet, und Ingolf waren ebenfalls erfolgreiche Springreiter. Wenn sie sich auf Turnieren in der Prignitz trafen, gab es immer einen Familienabend. Unser Mitgefühl gilt den Familienangehörigen.
Text:Begall/Wego, Foto:Heinemann